Ein guter Umformprozess erzeugt ein ausreichend ausgestrecktes Bauteil ohne Risse und Falten. Dazu ist eine effektive Steuerung des Materialflusses während des Ziehvorgangs erforderlich. Neben der Blechhalterkraft hat die Verwendung von Ziehsicken dabei eine große Bedeutung. Im Verlauf des Methodenplanungsprozesses werden die Position, Länge und Rückhaltekraft der Ziehsicken variiert, um ein optimales Bauteil herzustellen. Dabei wird gleichzeitig der Materialeinsatz minimiert.
Um die Ziehsicken während des Methodenplanungsprozesses schnell und einfach variieren zu können, ist für die Ziehsickenmodellierung im Rahmen der Umformsimulation ein strukturierter Ansatz erforderlich. Mit der neuesten Version AutoFormplus R6 hat AutoForm Engineering ein Verfahren entwickelt, mit dem das Verhalten von Ziehsicken noch wirksamer simuliert wird. Das Verfahren beinhaltet die folgenden Punkte:
Für die Erzeugung von 3D-Ziehsicken müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden: Positionierung und Geometrie der Sicke. Die Positionierung der Sicke erfolgt mittels einer Kurve an der Stelle, an der die Sicke platziert werden soll. Diese Kurve stellt die Mittellinie der Sicke dar. Die genaue Geometrie der Sicke wird auf Basis eines 2D-Profils des Sickenquerschnitts definiert, mit dem die entsprechenden Werkzeugflächen erzeugt werden.
Ziehsicken können die Form des Blechs nach dem Schließen des Blechhalters beeinflussen und es können Falten auftreten. Das Auftreten von Falten kann in der Simulation nur durch die Verwendung von geometrischen Ziehsicken festgestellt werden. Die Simulation mit geometrischen Ziehsicken stellt außerdem eine sehr genaue Ermittlung der Platine sicher, da der Materialverbrauch der Ziehsicke berücksichtigt wird. Beim Schließen des Blechhalters werden daher in der Simulation geometrische Ziehsicken verwendet, zumal die Rechenzeit der Simulation in dieser Phase relativ kurz ist. Nach dem Schließen des Blechhalters erfolgt das sogenannte Flattening (Abflachen) der Ziehsicken. Für die Simulation des Ziehvorgangs werden die Ziehsicken mit Hilfe des Line-Bead-Modells simuliert, um möglichst kurze Rechenzeiten zu gewährleisten. Platineneinzug und auftretende Falten bleiben auch nach dem Flattening erhalten.
Genaues Ziehsickenverhalten
AutoForm verwendet sogenannte Adaptive Line Beads. Das Adaptive-Line-Bead-Modell ist ein hochentwickeltes Modell, das die aktuellen Prozessbedingungen bei der Berechnung der Sickeneffekte nutzt. Die Rückhaltefaktoren fR und fU (Restraining und Uplift) werden während der Simulation auf Basis der folgenden Parameter ständig neu berechnet:
Der Ziehsickeneffekt kann sich somit in jedem Augenblick des Ziehprozesses verändern. Dadurch wird der reale Ziehprozess sehr genau abgebildet. Nachdem der Anwender die Geometrie einer Ziehsicke definiert hat, werden alle genannten Faktoren automatisch in der Simulation berücksichtigt. Ein manuelles Anpassen von Rückhaltebedingungen, z. B. bei Doppelsicken oder abgeschrägten Blechhalterflächen, ist nicht erforderlich.
Mit der Unflattening-Option wird das zuvor erfolgte Flattening einer Ziehsicke wieder rückgängig gemacht. Dies erfolgt am Ende der Ziehoperation. In einigen Fällen ist es sinnvoll, zu einer Simulation mit geometrischen Ziehsicken zurückzukehren, z. B. um die folgenden Effekte zu berücksichtigen:
Um die Auswirkung der Ziehsicken auf den Ziehvorgang in der Umformsimulation möglichst effektiv zu berücksichtigen, empfehlen wir die Anwendung des Adaptive-Line-Bead-Modells in Verbindung mit der Flattening-Funktionalität. Für die Simulation von Folgeoperationen sollte das Adaptive-Line-Bead-Modell mit Flattening- und Unflattening-Schritten angewendet werden. Mit diesem Vorgehen wird ein Optimum aus Genauigkeit und Rechengeschwindigkeit erreicht.